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Symphoricarpos albus

1 Beschreibung der Art

Symphoricarpos albus (L.) S. F. Blake (Caprifoliaceae), Gewöhnliche Schneebeere

1.1 Aussehen

Sommergrüner, 1 – 2 m hoher Strauch mit vielfach verzweigten Trieben. Die gegenständigen, eiförmig-elliptischen Blätter sind ganzrandig oder buchtig gelappt. Aus den 5 – 10 cm tief im Boden liegenden Rhizomen werden Sprosse gebildet, so dass meist dichte Gebüsche entstehen. Die kleinen rosafarbenen Blüten stehen in Ähren an den Zweigenden. Die Frucht ist eine weiße, 1 – 1,5 cm große Steinfrucht mit zwei Samen.

Floraweb-Fotos der Art

1.2 Taxonomie

Symphoricarpos albus ist auch unter den Namen S. rivularis und S. racemosus bekannt, die z.T. noch in Gebrauch sind. Im Herkunftsgebiet werden zwei Varietäten unterschieden: die var. albus mit unterseits behaarten Blättern, die im gesamten Verbreitungsgebiet vorkommt, und die var. laevigatus mit unterseits kahlen Blättern und größeren Früchten, die ursprünglich nur im pazifischen Westen vorkommt, aber weiter östlich aus Kultur verwildert. Dieser sollen fast alle europäischen Vorkommen zuzuordnen sein. Mit S. racemosus ist diese Varietät auf Artrang beschrieben worden.

1.3 Herkunftsgebiet

Die Schneebeere kommt natürlich in Nordamerika von Alaska bis Kalifornien, nach Osten bis zur Hudsons Bay und nach North Carolina vor. Sie wächst hier auf einer Vielfalt von Standorten von feucht bis trocken bis in Höhen von 2.800 m in den Rocky Mountains. Sie kommt dabei sowohl in trockenen und feuchten Waldtypen als auch in Steppenvegetation vor. Weiter östlich wurde sie eingeführt und ist dort eingebürgert. In einigen östlichen Bundesstaaten der USA ist sie selten bzw. gefährdet.

1.4 Biologie

Durch ihr klonales Wachstum und ihre gute Regeneration aus Rhizomen ist die Schneebeere gut an Störung angepasst. Nach Verletzung der oberirdischen Teile oder nach Feuer wird der Ausschlag aus den Rhizomen gefördert, so dass die Art junge Sukzessionsstadien dominieren kann. Wegen ihrer Schattenverträglichkeit kann sie auch bis in späte Sukzessionsstadien überdauern. Die Schneebeere blüht und fruchtet reichlich, nur im tiefen Schatten wird die Blütenbildung unterdrückt. Nach Mahd oder Feuer können die neu ausgetriebenen Sprosse bereits im ersten Jahr blühen. Die Samenausbreitung durch Vögel ist nicht besonders effektiv: wegen ihrer weißen Farbe sind sie nicht sehr attraktiv und fallen häufig im Winter zu Boden. Die Samen sind schwer zur Keimung zu bringen, da zunächst die Dormanz gebrochen werden und dann eine Nachreifung einsetzen muss. In der Natur ist erst nach 18 Monaten mit Keimung zu rechnen. Keimlinge sind unterschiedlich häufig zu finden, in Halle wurden sie auf Sandböden häufig beobachtet. Eine Suche in ganz Großbritannien ergab dagegen nur sehr vereinzelte Funde von Pflanzen, die wahrscheinlich aus Keimung hervorgegangen waren.

Auch in der Heimat sind die Samen wohl nur eingeschränkt keimfähig, so dass auch hier die hauptsächliche Vermehrung über Rhizome verläuft. Über die Überlebensfähigkeit der Samen im Boden ist nichts bekannt.

2 Vorkommen in Deutschland

2.1 Einführungs- und Ausbreitungsgeschichte / Ausbreitungswege

Symphoricarpos albus wurde 1817 zum ersten Mal nach England eingeführt, kurz danach wurde er auch in Deutschland angepflanzt. Verwilderungen sind seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Als Zierpflanze wurde er schnell beliebt und gehört heute zu den meist verwendeten Straucharten im Siedlungsbereich. Auch in Wäldern und Parkanlagen wurde er als Bienen- oder Deckungspflanze gepflanzt.

2.2 Aktuelle Verbreitung und Ausbreitungstendenz

Die Schneebeere ist heute in Deutschland vor allem in Siedlungsnähe weit verbreitet. Da die Ausbreitung überwiegend vegetativ durch Rhizomwachstum geschieht, ist die Ausbreitung weitgehend auf die unmittelbare Nachbarschaft gepflanzter Bestände beschränkt. Wegen seines Vorkommens auch in naturnahen Auenwäldern gilt Symphoricarpos albus in Mitteleuropa als Agriophyt.

Verbreitungskarte aus FloraWeb

2.3 Lebensraum

 Die Schneebeere wächst vor allem in Hecken, Wäldern und Gebüschen, an Straßenrändern und städtischen Ruderalstellen. Sie dringt aber auch in Magerwiesen ein. Von ihr dominierte Bestände in Städten sind als eigene Gesellschaft klassifiziert worden, in der Holunder und Brombeeren häufig sind.

2.4 Status und Invasivität der Art in benachbarten Staaten

Die Schneebeere kommt in vielen europäischen Ländern angepflanzt und wildwachsend vor. In manchen Ländern ist sie in Ausbreitung, z.B. Norwegen. In Großbritannien gilt sie als potentiell problematisch. In den meisten Ländern ist sie ein unauffälliger Neophyt ohne besondere Bedeutung für den Naturschutz. In Österreich z.B. kommt sie vor, ohne dass Auswirkungen beobachtet werden.

3 Auswirkungen

Große Bestände werden wegen ihres dichten Wuchses und der damit verbundenen Schattenwirkung als problematisch empfunden. Detaillierte Untersuchungen über die Auswirkungen der Schneebeere fehlen aber.

3.1 Betroffene Lebensräume

Dominanzbestände können sich aus Anpflanzungen entwickeln, wenn sie genügend Licht erhalten, sie sind deshalb in lichten Wäldern und Forsten, vor allem an Waldinnenrändern, aber auch in Magerwiesen zu finden.

3.2 Tiere und Pflanzen

Berichte über nachgewiesene Auswirkung auf andere Arten fehlen. In Dominanzbeständen ist die Pflanzenartenzahl geringer als in Flächen ohne die Art. In siedlungsnahen Wäldern sind überwiegend weit verbreitete und häufige Arten betroffen. Für Blütenbesucher ist die Art eine wichtige Nektarquelle. Wie viele Neophyten wird S. albus relativ wenig von Phytophagen angenommen. Rinder und Schafe meiden die Schneebeere, Kaninchen fressen ihre Rinde.

3.3 Ökosysteme

Über die Veränderung des Lichtklimas hinaus sind keine Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

3.4 Menschliche Gesundheit

Die Beeren und die Wurzel sind giftig. Symptome sind jedoch erst beim Verzehr größerer Mengen (mehr als 4) Beeren zu erwarten.

3.5 Wirtschaftliche Auswirkungen

Außer den Bekämpfungskosten sind wirtschaftliche Konsequenzen der Schneebeere nicht bekannt.

4 Maßnahmen

Ob der Einsatz von Maßnahmen gegen die Schneebeere sinnvoll ist, muss sorgfältig geprüft werden. Dies könnte der Fall sein, wenn Bestände sich an Wuchsorten gefährdeter Arten auszubreiten drohen.

4.1 Vorbeugen

 Das Ausbringen von gebietsfremden Pflanzen in der freien Natur ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 40 Abs. 4) grundsätzlich genehmigungspflichtig. Wegen des geringen Ausbreitungsvermögens kommt dem Verzicht auf Pflanzung in unmittelbarer Nähe schutzwürdiger Biotope eine besondere Bedeutung zu.

4.2 Allgemeine Empfehlungen zur Bekämpfung

Die Verletzung der Pflanze, z.B. durch das Entfernen der oberirdischen Sprosse, regt die Produktion neuer Sprosse aus dem Rhizom und das klonale Wachstum an. Deshalb können mangelhaft ausgeführte Maßnahmen bestehende Probleme verschärfen. So ist vor Beginn der Bekämpfung zu entscheiden, ob die Maßnahmen mehrere Jahre lang ausgeführt werden können. Wegen der mit der Rodung verbundenen Bodenverwundung muss auch geprüft werden, ob die Zielarten, zu deren Schutz die Maßnahme durchgeführt wird, nicht beeinträchtigt werden.

4.3 Methoden und Kosten der Bekämpfung

In Berlin wurde Mahd und Rodung gegen die Schneebeere eingesetzt. Der Erfolg für die Mahd ist je nach Standort schlecht bis gut. Sie muss über mehrere Jahre durchgeführt werden. Es können nach längerer Zeit plötzlich wieder Sprosse aus Wurzeln und Rhizomen entstehen. Das gleiche gilt für die Rodung, die deutlich höheren Aufwand erfordert. Auch Versuche mit Herbizidanwendung waren bisher erfolglos.

5 Weiterführendes

5.1 Literatur

  • Gilbert, O. L. (1995): Symphoricarpos albus (L.) S.F. Blake (S. rivularis Suksd., S. racemosa Michaux). - Journal of Ecology 83: 159-166.
  • Jones, G. N. (1940) : A monograph of the genus Symphoricarpos. - Journal of the Arnold Arboretum 21: 201-253
  • Kowarik, I. (2003): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart. S. 199.

5.2 Bearbeitung

Dieser Artensteckbrief wurde 2003 erstellt von:

Dr. Uwe Starfinger & Prof. Dr. Ingo Kowarik, Institut für Ökologie der TU Berlin 

letzte Aktualisierung: 02.08.2011 (Stefan Nehring)