Ctenopharyngodon idella
1 Beschreibung der Art
(Valenciennes, 1844) Ctenopharyngodon idella (Valenciennes, 1844) (Cyprinidae) Graskarpfen, Weißer Amurkarpfen (D), grass carp (E)
1.1 Aussehen
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Der Körper des Graskarpfens ist spindelförmig mit breitem, oben und unten abgeflachtem Kopf. Das Auge liegt vertikal annähernd auf der Höhe der Mundspalte bzw. des Oberkiefers. Das Maul selbst ist leicht unterständig und ohne Bartfäden. An der oberen Maulspitze befindet sich ein beweglicher Lappen zum Kappen der Pflanzen.
Die Färbung ist in der Regel braun bis graugrün am Rücken und verläuft heller werdend über die Flanken zum gelblichen Bauch. Die Flossen sind einheitlich grau. Die großen, silbernen Schuppen sind dunkel umrandet und wirken wie eine Netzzeichnung. Entlang der Seitenlinie befinden sich 38-45 Schuppen und 5 Schuppenreihen unterhalb der Seitenlinie bis zum Ansatz der Bauchflosse. Das Vorderende der Rückenflosse liegt geringfügig vor dem Ansatz der Bauchflosse. Die Rückenflossenbasis ist etwa gleich lang wie die Afterflossenbasis. Die
Anzahl der Flossenstrahlen (Hart-/Gabelstrahlen) ist in der Flossenformel angegeben (D/C/P/V/A =Rücken-, Schwanz- Brust-, Bauch- und Afterflosse). Die Schlundzähne sind zweireihig angeordnet (1-2/4-5). Graskarpfen werden im Mitteleuropa bis zu 125 cm lang und 25 kg schwer, in ihrer Heimat, unter günstigen klimatischen Bedingungen bis zu 150 cm und 50 kg.
Flossenformel:
D III/6-8
------------------------- C 0/18-19
P I/13-16; V II/7-8; A III/7-8
Verwechslungsmöglichkeiten:
Karpfen (Cyprinus carpio): Rückenflossenbasis doppelt so lang wie die Afterflossenbasis, 4 Bartfäden um die Mundspalte.
Silber-/Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys sp.): Augen liegen unterhalb der halben Kopfhöhe.
Aitel (Leuciscus cephalus): höchstens 4 Schuppen unterhalb der Seitenlinie, Ansatz der Rückenflosse zumindest knapp hinter dem Ansatz der Bauchflosse, das Auge liegt vertikal leicht über der Mundspalte.
1.2 Taxonomie
Der Graskarpfen gehört zur Familie der karpfenartigen Fische (Cyprinidae). Die folgenden wissenschaftlichen Synonyme sind bekannt (1www.fishbase.org, ²Banarescu 1999):
Ctenopharingodon idella (Valenciennes, 1844)1
Ctenopharygodon idella (Valenciennes, 1844)1
Ctenopharyngodon idella Berg, 1912²
Ctenopharyngodon idella Berg, 1949²
Ctenopharyngodon idella Taranets, 1937²
Ctenopharyngodon idellus (Valenciennes, 1844)1
Ctenopharyngodon idellus Günther, 1868²
Ctenopharyngodon idellus Lin 1935²
Ctenopharyngodon laticeps Steindachner 1866²
Ctenopharyngodon laticeps Steindachner, 18661
Leuciscus idella Cuvier & Valenciennes, 1844²
Leuciscus idella Valenciennes, 18441
Leuciscus idellus Valenciennes, 18441
Leuciscus tschiliensis Basilewsky, 1855²
Pristiodon siemionovi Dybowsky, 1877²
Pristiodon siemionovii Dybowski, 18771
Sarcocheilichthys teretiusculus Kner, 1867²
1.3 Herkunftsgebiet
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet liegt im östlichen China und Ostsibirien im mittleren und unteren Amur- Flußsystem sowie im Sungari- und Ussuri-Flusssystem (Courtenay et al. 1984). Die genaue Herkunft ist jedoch kaum noch feststellbar, da der Graskarpfen seit dem 10. Jahrhundert in China künstlich eingesetzt wurde.
1.4 Biologie
Der Graskarpfen ist ein reiner Vegetarier und benötigt unter idealen Bedingungen (ab 16 °C Wassertemperatur) täglich ca. 120 % seines Körpergewichtes an pflanzlicher Nahrung und kann auch harte Pflanzenteile verwerten (Verigin et al. 1963; Stroganov 1963; Nikol'skiy & Verigin 1966; Bobrova 1968; Yaroshenko et al. 1970; Gurova 1972). Bei geringeren Temperaturen wird die Nahrungsaufnahme verringert und über den Winter nimmt der Graskarpfen keine Nahrung zu sich. Die Jungfische ernähren sich zunächst von Kleintieren und gehen ab einer Länge von 6-10 cm zur Pflanzenkost über, wobei sich ihr Darmkanal um das 2-2,5fache der Körpergröße verlängert.
Im Jangtse/China tritt die Geschlechtsreife bereits im 4.-5. Jahr ein. In kühleren Gewässern erst im 6.-8. Jahr.
Zur Laichzeit (Juli/August) wandern die sonst eher standortstreuen Fische große Distanzen (Nixon & Miller 1978; Bain et al. 1990; Honsig-Erlenburg & Petutschnig 2002) und benötigen etwa 20 °C zum Ablaichen (Weber 1971; Nezdoliy & Mitrofanov 1975). Abgelaicht wird häufig nach Anstieg von Wasserstand und Trübe (Nezdoliy & Mitrofanov 1975) in stark strömendem Wasser über Kiesgrund. Die pelagischen Eier driften flussabwärts (Krykhtin & Gorbach 1981). In unseren Breiten gibt es nur ungesicherte Reproduktionsnachweise (Honsig-Erlenburg & Petutschnig 2002). Angaben zu Eizahlen bewegen sich zwischen 2.000 und 82.000 pro kg Körpergewicht (Alikunhi et al. 1962; Hickling 1967). Graskarpfen vertragen auch erhöhte Salinität (Jungfische bis 12 ppt, Adulte bis 14 ppt) und können bis in Brackwasserzonen vordringen (Cross 1970; Chervinski 1977; Kilambi & Zdinak 1980).
Reproduktionsgilde: lithophil (Spindler 1995)
Habitatgilde: indifferent/rheopar/ohne Strukturbezug (Zauner & Eberstaller 1999)
2 Vorkommen in Deutschland und Österreich
2.1 Einführungs- und Ausbreitungsgeschichte / Ausbreitungswege
Die Art wurde erstmals 1959 in Rumänien (Copp et al. 2005), 1963 in den USA (Pflieger 1978), 1964 in Deutschland (Welcomme 1988) und 1965 in Österreich (Hauer 2007), vor allem zur Bekämpfung von Wasserpflanzen („biologische Entkrautung“), eingesetzt (Swingle 1957). Auch in Großbritannien wurden diese Fische ab den 1970er-Jahren eingeführt (Stott 1977). Vorkommen sind aktuell aus u.a. 45 US-Bundesstaaten und fast allen europäischen Ländern (außer Iberische Halbinsel und Island) bekannt (www.fishbase.org, Stand Januar 2010).
Neben gezieltem Besatz (Entkrautung), sind illegale Auswilderungen und entkommene Exemplare aus Fischzuchten und Teichen für die Ausbreitung verantwortlich (Hacker & Maisriemler 1972; Pflieger 1975; Scharf & Dilewski 1988; Dill & Cordone 1997). In Österreich ist die Fischart nach wie vor in Fischzuchten erhältlich, allerdings sind nur wenige Zuchten in der Lage diese Art selbst zu erbrüten und aufzuziehen (Hauer 2007). Der Besatz mit faunenfremden Arten ist landesweit unterschiedlich geregelt. Speziell die Auslegung, ob eine Art „etabliert“ ist und dann vom grundsätzlichen Besatzverbot für faunenfremde Arten ausgenommen ist, wird landesweit unterschiedlich praktiziert.
2.2 Aktuelle Verbreitung und Ausbreitungstendenz
Deutschland:
Graskarpfen kamen erstmals 1964 nach Deutschland, wo sie vor allem zur Bekämpfung von Wasserpflanzen eingesetzt wurden (Welcomme 1988; Arnold 1990). 1965 wurden Satzfische auch aus Polen zusammen mit Silberkarpfen importiert und in Quarantäneteiche bei Chemnitz gesetzt. Ein Jahr später wurden sie nach Wermsdorf umgesetzt, wo sie den Grundstock für einen Zuchtstamm bildeten (H. Jähnichen mündl. Mitt., zitiert in Füllner et al. 2005). 1966 wurden größere Stückzahlen direkt aus der Sowjetunion importiert und in die Teichwirtschaften Uhyst/Spree und Rietschen gebracht, von wo aus sie in weitere Fischereibetriebe gelangten. Später erfolgten wiederholt Brutimporte (Füllner et al. 2005).
Aktuell sind insgesamt 421 Vorkommen in den Artenkatastern der Bundesländer registriert. Insbesondere nach größeren Hochwassern werden vermehrt aus Teichwirtschaften entwichene Fische in den großen Flüssen gefangen, so 2002 in der Elbe (Füllner et al. 2005).
Österreich:
Obwohl Vorkommen aus allen Bundesländern bekannt sind (Mikschi 2002), ist die Nachvollziehbarkeit anhand von Daten aus Fischbestandserhebungen (siehe Verbreitungskarten) nicht gegeben. Da diese Art nur selten mit wissenschaftlichen Methoden erfasst wird und die meisten Fangmeldungen von Fischern stammen, fehlen entsprechende Nachweise in den Verbreitungskarten. Zahlreiche besetzte Vorkommen in Baggerseen oder ähnlichen, fischereiwirtschaftlich genutzten Gewässern sind nicht datenmäßig erfasst. Es ist jedoch von punktuellen (lokal begrenzten) Vorkommen, bei flächendeckender Verbreitung (ausgenommen alpine Regionen) auszugehen. So ist z. B. die gesamte Donau samt ihren größeren Ausständen betroffen, wie auch die Unterläufe größerer Zuflüsse (z. B. Inn, Mur, Drau). Allerdings konnte eine 2007 durchgeführte stichprobenartige Erhebung der Fischfauna der Donau keine Nachweise dieser Art in Deutschland und Österreich erbringen (Jepsen et al. 2008; Wiesner et al. 2008).
Auch aus mehreren Seen sind Vorkommen bekannt (Honsig-Erlenburg & Petutschnig 2002). Die Vorkommen werden als „unbeständig“ klassifiziert (Mikschi 2002). Es ist daher nicht möglich, Angaben zur Ausbreitungstendenz zu machen, da es keine aktive Ausbreitung durch Vermehrung gibt, sondern lediglich besatzgestützte Vorkommen. Geht man von einem Null-Besatzszenario aus, ist zurzeit mit keiner weiteren Ausbreitung zu rechnen.
Verbreitungskarten:
siehe Anhang
Analyse der Rasterfrequenzen
Zeitraum | Nachgewiesene Vorkommen | Raster | Rasterfrequenz (%) |
---|---|---|---|
1961 - 1970 | 9 | 9 | 0,08 |
1971 - 1980 | 1 | 10 | 0,08 |
1981 - 1990 | 19 | 25 | 0,21 |
1991 - 2000 | 332 | 219 | 1,86 |
ab 2001 | 60 | 54 | 0,46 |
gesamt | 421 | 266 | 2,26 |
In Deutschland
Zeitraum | Beprobte Raster | Rasternachweise | Rasterfrequenz (%) | Rasterfrequenz 2 (%) |
---|---|---|---|---|
1971 – 1980 | 4 | 0 | 0 | 0 |
1981 – 1990 | 113 | 0 | 0 | 0 |
1991 – 2000 | 433 | 3 | 0,1 | 0,7 |
Gesamt | 761 | 3 | 0,1 | 0,4 |
Im Zeitraum 1961-2007 enthielten rund 2,3 % aller Kartenraster in Deutschland mindestens einen Graskarpfennachweis, wobei es sich in keinem einzigen Fall um eine etablierte Population handelt. Der ab 2001 zu beobachtende Rückgang dürfte bei dieser Art real sein, da der Besatz nach 1990 erheblich reduziert wurde
und die Fische sich nicht natürlich fortpflanzen und deshalb mit der Zeit aus den Gewässern verschwinden
sollten.
In Österreich
Zeitraum | Beprobte Raster | Rasternachweise | Rasterfrequenz (%) | Rasterfrequenz 2 (%) |
---|---|---|---|---|
1971 – 1980 | 4 | 0 | 0 | 0 |
1981 – 1990 | 113 | 0 | 0 | 0 |
1991 – 2000 | 433 | 3 | 0,1 | 0,7 |
ab 2001 | 417 | 0 | 0 | 0 |
Gesamt | 761 | 3 | 0,1 | 0,4 |
Im Zeitraum 1971-2007 enthielten nur rund 0,1 % aller Kartenraster in Österreich einen Nachweis. Gemessen an den tatsächlich beprobten Rasterfeldern, beträgt die Frequenz 0,4 %. Dies entspricht jedoch in keiner Weise der tatsächlichen Verbreitung dieser Art, die vor allem in fischereilich genutzten Teichen, aber auch im Donauraum weit verbreitet ist. Diese Vorkommen sind jedoch datenmäßig nicht erfasst.
2.3 Lebensraum
Der Graskarpfen verträgt zwar auch tiefere Temperaturen, ist aber eine Wärme liebende Art und bevorzugt ruhige, tiefe, warme Flüsse sowie wärmere Seen und Teiche. In Fliessgewässern werden Einstände wie Altarme oder Bereiche mit Kehrströmungen bevorzugt (Nixon & Miller 1978; Bain et al. 1990). Jungfische bevorzugen Flachwasserbereiche, nutzen bei höheren Temperaturen aber auch tiefere Zonen (Nixon & Miller 1978).
2.4 Status und Invasivität der Art
Die Angaben über den Etablierungsstatus einzelner Länder in www.fishbase.org sind diskussionswürdig, zumal Länder mit ähnlichen klimatischen Bedingungen und vermutlich ähnlicher Einführungs- und Ausbreitungsgeschichte hierzu unterschiedliche Angaben machen (siehe Tabelle). In Österreich wurde die Art
durch Mikschi (2002) als „nicht etabliert“ und „potenziell invasiv“ eingestuft. Im österreichischen „Aktionsplan Neobiota“ ist die Art als „potenziell invasiv“ bewertet worden (Essl & Rabitsch 2004). Polen weist die Art als invasiv aus (www.nobanis.org), die Angaben zur Etablierung sind hingegen widersprüchlich (siehe Tabelle). In der Schweiz gilt die Art als nicht etabliert (Wittenberg et al. 2005). Nach Einstufung in den Schwarzen Listen für Deutschland und für Österreich gilt die Art in beiden Ländern als „invasiv“ (Nehring et al. 2010).
Etablierungsstatus
Etablierungsstatus laut www.fishbase.org1, www.nobanis.org2, www.europe-aliens.org (jeweils Stand Januar 2010), (B) Wittenberg et al. 2005, (C) Nehring et al. 2010, (D) siehe Text.
Land | Etablierungs status | Invasivität | |||
---|---|---|---|---|---|
fishbase | nobanis | europe-aliens | andere Quellen | ||
Belgien | etabliert | – | (Nordsee marin –unbekannt) | ||
„some“1 | |||||
Dänemark | nicht etabliert | nicht etabliert | etabliert | ||
Deutschland | vermutlich etabliert | nicht etabliert | nicht etabliert | unbeständigC | invasivC |
Frankreich | vermutlich etabliert | – | nicht etabliert | ||
Italien | etabliert | – | nicht etabliert | ||
Niederlande | vermutlich etabliert | – | – | ||
Österreich | vermutlich nicht etabliert | nicht etabliert | ohne Statusangabe | unbeständigC, nicht etabliertD | potenziell invasiv2,D, invasivC |
Polen | etabliert | nicht etabliert | etabliert | „probably some“1,invasiv2 | |
Schweiz | nicht etabliert | – | unbekannt | nicht etabliertB | „some“1 |
Slowakei | vermutlich nicht etabliert | – | – | ||
Tschechien | etabliert | – | – | ||
Ungarn | etabliert | – | – | – | „some“1 |
3 Auswirkungen
Derzeit gelten die Bestände in Deutschland und Österreich als unbeständig und sie verursachen lokal, in abgeschlossenen und meist kleineren Gewässern Probleme durch übermäßige Entkrautung.
3.1 Betroffene Lebensräume
Aufgrund der selektiven vegetarischen Ernährung und der in Deutschland und Österreich nicht reproduzierenden Vorkommen sind vor allem abgeschlossene Gewässerökosysteme (meist nach Besatz), die aufgrund ihrer Größe (Fläche, Wassertiefe) geeignet sind, Fische dauerhaft zu beherbergen, betroffen. Es
können dies auch künstliche Gewässer (z. B. Baggerseen) sein, die mitunter naturschutzrelevante Arten und Zönosen beherbergen.
3.2 Tiere und Pflanzen
Neben dem Pflanzenbewuchs, z. B. Ceratophyllum demersum, Hydrilla verticillata, Myriophyllum spicatum, Phragmites communis, Ranunculus sp., Typha angustata (Charyev 1984; Maceina et al. 1992) im eigentlichen Wasserkörper ist mitunter auch die Ufervegetation betroffen, vor allem, wenn andere Pflanzennahrung unzureichend verfügbar ist. Selbst in großen Gewässern (z. B. Lake Conroe, Texas, 8.100 ha) kann die gesamte aquatische Vegetation vernichtet werden (Klussmann et al. 1988; Maceina et al. 1992). Im Neusiedler See verschwand fast der gesamte Makrophytengürtel innerhalb weniger Jahre nach Graskarpfenbesatz (Herzig et al.1994).
Shireman & Smith (1983) und Bain (1993) fassen die Auswirkungen wie folgt zusammen: Neben Nahrungskonkurrenz (v.a. benthische Invertebraten und Fische) kommt es zu signifikanten Veränderungen der Makrophyten- und Phytoplanktonzusammensetzung bis hin zur Invertebratenfauna. Durch den Verlust von Wasserpflanzenbeständen gibt es auch negative Auswirkungen auf die Reproduktion phytophiler Fische und in weiterer Folge weniger Einstände für Jungfische oder strukturgebundene Arten (Taylor et al. 1984). Aufgrund des veränderten Nahrungsangebots kann es zum Wechsel der Dominanzverhätlnisse in der Nahrungskette zugunsten planktivorer Arten kommen (Charyev 1980, 1984).
Zusätzlich besteht die Gefahr der Einschleppung von Parasiten und Krankheiten, z. B. Bothriocephalus opsarichthydis (Hoffman & Schubert 1984; Ganzhorn et al. 1992).
3.3 Ökosysteme
Neben den unter 3.2 beschriebenen Aspekten, sind vor allem die Folgewirkungen des Makrophytenverlustes zu bedenken. Makrophyten entziehen dem Gewässer Nährstoffe, die nun zu Algen- und Phytoplanktonblüte führen (Rose 1972). Die dadurch bedingte erhöhte Trübung im Wasserkörper erschwert wiederum das Nachwachsen von Makrophyten und kann erhöhte Sauerstoffzehrung bewirken (Bain 1993). Es kann somit zu nachhaltigen Veränderungen der Wasserqualität kommen. Derartig umfangreiche Veränderungen im Ökosystem können zur Verringerung der Biodiversität führen (Maceina et al. 1992).
3.4 Menschliche Gesundheit
Keine Auswirkungen bekannt.
3.5 Wirtschaftliche Auswirkungen
Die Wiederherstellung standortstypischer Wasserpflanzenbestände nach Erlöschen der Graskarpfenbestände kann durch natürliche Sukzession erfolgen. Kann das natürliche Erlöschen der Graskarpfenbestände nicht abgewartet werden entstehen mitunter hohe Kosten für die Bestandseliminierung
(siehe 4.3). Mitunter grasen die Fische, vor allem in kleineren Gewässern, bei Nahrungsmangel auch die Uferböschungen ab, um an Nahrung aus der Ufervegetation zu gelangen. Dies kann zu erhöhtem Aufwand bei der Instandhaltung der Ufer führen (z. B. Badeteiche). In Meliorationsgräben oder ähnlichen wasserwirtschaftlichen Anlagen ist die Krautung durch Graskarpfen kostengünstiger als der Einsatz von Personal und Maschinen.
3.6. Klimawandel
Aufgrund der prognostizierten fortschreitenden Erwärmung der Gewässer ist eine Etablierung der Art mittelfristig nicht auszuschließen und kann dann auch zur eigenständigen Ausbreitung der Art und Verschärfung
der Problematik führen.
4 Maßnahmen
4.1 Vorbeugen
Obwohl die Art primär in kleine, abgeschlossene Gewässer zur Entkrautung ausgebracht wurde, ist selbst dort ein gewisses Restrisiko der Ausbreitung in natürliche Gewässer gegeben. So besteht die Gefahr, dass Fische bei
Überschwemmungen im Zuge von Hochwasserereignissen oder durch Lebendtransport in andere Gewässer gelangen können. In offenen Gewässersystemen besteht die Möglichkeit der aktiven und passiven Ausbreitung
(z. B. Wanderung, Verdriftung). Laichwanderungen bis zu 1.700 km sind bekannt (Guillory & Gasaway 1978).
Jeglicher Besatz mit dieser Art ist daher zu unterlassen.
4.2 Allgemeine Empfehlungen zur Bekämpfung
Präventive Maßnahmen, wie strenge Besatzrestriktion und entsprechende Exekution werden empfohlen. In kleinen, abgeschlossenen Gewässern (z. B. Baggerseen) ist auch eine Bestandselimination denkbar, jedoch sehr
aufwändig.
4.3 Methoden und Kosten der Bekämpfung
So nicht der gesamte Wasserkörper trocken gelegt werden kann, um die Fische zu entnehmen, kann mittels Elektro- und/oder Netzfangmethode vorgegangen werden. Eine Kostenschätzung ist nicht möglich, da diese
Arbeiten personal- und geräteintensiv sind und, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, von sehr unterschiedlicher Effizienz gekennzeichnet sind. Gezielte Angelfischerei kann gleichfalls eine Bestandesreduktion
herbeiführen, setzt aber bereits ein geringes Nahrungsangebot voraus.
Es kann allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass es nicht möglich ist, die Art mit zulässigen Fangmethoden restlos aus größeren, nicht ablassbaren Gewässern zu entfernen, unabhängig vom Befischungsaufwand.
5 Weiterführendes
5.1 Literatur
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5.2 Bearbeitung
Dieser Artensteckbrief wurde 2010 erstellt von:
Dr. Christian Wiesner, Dr. Christian Wolter, Dr. Wolfgang Rabitsch & Dr. Stefan Nehring [neobiota@bfn.de] und ist in BfN-Skripten 279 publiziert worden.