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Impatiens parviflora

1 Beschreibung der Art

Impatiens parviflora DC. (Balsaminaceae), Kleines Springkraut

1.1 Aussehen

Das kleine Springkraut ist eine Einjährige mit oberwärts 1- 3fach verzweigtem, meist bis 60 cm (maximal bis 1,20m) hohem Stängel. Die ganze Pflanze ist kahl. Ihre wechselständigen Blätter sind eiförmig bis länglich, gestielt und werden 5 – 12 cm lang. Die aufrechten gespornten Blüten sind blassgelb, bis 1,8 cm lang, einzeln oder in wenigblütigen Trauben in Blattachseln. Die Frucht ist eine maximal 2 cm lange, keulenförmige Kapsel, die bei Berührung aufspringt.

Floraweb-Fotos der Art

1.2 Taxonomie

Aus der überwiegend paläotropisch verbreiteten Gattung kommen bei uns die einheimische I. noli-tangere und die neophytischen I. glandulifera und I. capensis vor. I. parviflora ist mit ihren aufrechten, kleinen blassgelben Blüten nicht zu verwechseln. Synonyme sind nicht bekannt.

1.3 Herkunftsgebiet

I. parviflora stammt aus dem östlichen Sibirien und der Mongolei.

1.4 Biologie

Die Blüten werden von Schwebfliegen besucht, auch Selbstbestäubung ist möglich. Die natürliche Ausbreitung über das Ausschleudern der Samen führt lediglich zu Distanzen von 3 m, gelegentlich werden die Samen auch durch Anhaften an Tiere transportiert. Die Hauptausbreitung geschieht jedoch durch den Menschen: nicht nur durch beabsichtigte Ansaaten, sondern auch mit Gartenabfällen, durch Anhaften an Schuhen, Maschinen, Reifen etc.

2 Vorkommen in Deutschland

2.1 Einführungs- und Ausbreitungsgeschichte / Ausbreitungswege

Die Ausbreitungsgeschichte von I. parviflora in Deutschland ist gut dokumentiert. Sie wurde im 19 Jahrhundert vor allem in Botanischen Gärten gehalten, so 1831 in Genf und 1837 in Dresden. Von dort aus hat sie zunächst siedlungsnahe Orte in der näheren Umgebung besiedelt, 50 Jahre später wurde sie auch in naturnahen Wäldern gefunden.

2.2 Aktuelle Verbreitung und Ausbreitungstendenz

I. parviflora ist heute bis auf reine Kalkgebiete, einige Hochlagen und küstennahe Agrargebiete in ganz Deutschland häufig. Sie ist der einzige weit verbreitete Neophyt in der Krautschicht von Wäldern. Auch in natürlicher Waldvegetation vor kommt sie vor und gilt deshalb in Deutschland als Agriophyt.

Verbreitungskarte aus FloraWeb

2.3 Lebensraum

I. parviflora kommt in zahlreichen Pflanzengesellschaften vor. Neben ruderalen Standorten sind dies vor allem verschiedene Waldtypen von Erlenbrüchen und Weidengehölzen der Aue bis zu frischen Buchen- und Eichenhainbuchenwäldern. Besonders regelmäßig ist sie in stickstoffreichen Säumen von Wäldern.

2.4 Status und Invasivität der Art in benachbarten Staaten

Die Art ist in Europa weit verbreitet und häufig, sie kommt von Skandinavien bis zu den Alpen, von Nordfrankreich bis nach Galizien vor. In Österreich breitet sie sich in naturnaher Vegetation aus.

3 Auswirkungen

Wegen ihrer auffälligen, z.T. ausgedehnten Dominanzbestände wurde früher angenommen, I. parviflora würde andere Pflanzen verdrängen. Tatsächlich finden sich ausdehnte Bestände vor allem an Standorten, die für andere Arten keine guten Lebensbedingungen bieten, etwa weil sie zu dunkel sind, zu hohe Laubstreuauflagen haben usw. Insofern ist I. parviflora an manchen ihrer Standorte ein Beispiel für die Nutzung von sonst ungenutzt bleibenden Ressourcen.

3.1 Betroffene Lebensräume

In verschiedenen Wäldern kann I. parviflora große Bestände aufbauen. Dies ist weitgehend ohne Konsequenz für andere Pflanzen. In lichten und nähstoffreichen Säumen oder gestörten Stellen kann die Art nach einem guten Frühjahr dichte Bestände entwickeln, die andere Arten in ihren Entwicklungsmöglichkeiten einschränken.

3.2 Tiere und Pflanzen

In Säumen ist I. parviflora Licht- und Nährstoffkonkurrent anderer nitrophiler Arten wie Geranium robertianum, Geum urbanum, Chaerophyllum temulum usw. Völlige Verdrängung dieser oder anderer Arten ist unwahrscheinlich und noch nicht beobachtet worden. Auch die früher oft geäußerte Befürchtung, die Ausbreitung von I. parviflora würde auf Kosten ihrer einheimischen Verwandten I. noli-tangere trifft meist nicht zu. Die standörtlichen Amplituden beider Arten überschneiden sichnur teilweise. Lediglich an für sie suboptimalen, also trockneren Wuchsorten kann I. noli-tangere durch I. parviflora zurüchgedrängt werden. Reichere Waldstandorte teilt I. parviflora häufig mit Frühjahrsblühern. Da sie erst später im Jahr aspektbestimmend wird, sind Konkurrenzeffekte unwahrscheinlich. Ob die Art tatsächlich die Naturverjüngung von Baumarten behindert, ist noch nicht untersucht worden.

Der Effekt auf verschiedene Tiergruppen ist eher positiv: besonders Blütenbesucher (vor allem Schwebfliegen) und Blattlausfresser sind hier zahlreicher als an der einheimischen I. noli-tangere. Auch im Vergleich von Saumvegetation mit und ohne die Art zeigte sich ein positiver Effekt bei verschiedenen Tiergruppen. Besonders die aus dem Heimatgebiet der Art "nachgekommene" neozoische Blattlaus Impatientinum asiaticum bildet mit ihren dichten Kolonien Nahrungsgrundlage für viele Arten.

3.3 Ökosysteme

Wo I. parviflora vorher krautschichtfreie Wälder mit dichten Beständen besiedelt, verändert sich der Aspekt deutlich. Möglich, aber nicht näher untersucht, sind Folgewirkungen auf die Sukzession, z.B. über eine Beeinflussung der Verjüngung von Bäumen.

3.4 Menschliche Gesundheit

Keine Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

3.5 Wirtschaftliche Auswirkungen

Keine Auswirkungen bekannt. Die im Gemüsebau schädliche Blattlaus Aphis fabae kann auf I. parviflora leben, ob dies den Befall von Gemüseflächen erhöht., ist nicht untersucht. Positive Effekte durch die Förderung von Nützlingen (Blattlausfressern) sind möglich.

4 Maßnahmen

Wegen der weitgehend fehlenden Nachweise einer Beeinträchtigung anderer Arten durch I. parviflora ist der Sinn von Bekämpfungsmaßnahmen fraglich.

4.1 Vorbeugen

Da die Auswirkungen von I. parviflora gering sind und sie bereits weit verbreitet ist, sind besondere Maßnahmen unnötig. Absichtliche Ausbringungen sollten jedoch unterbleiben. Das Ausbringen von gebietsfremden Pflanzen in der freien Natur ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 40 Abs. 4) grundsätzlich genehmigungspflichtig.

4.2 Allgemeine Empfehlungen zur Bekämpfung

Eine Bekämpfung von I. parvoflora wird nicht empfohlen.

4.3 Methoden und Kosten der Bekämpfung

Einzelheiten über durchgeführte Bekämpfungsversuche sind nicht bekannt.

5 Weiterführendes

5.1 Literatur

  • Kowarik, I. (2003): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart. S. 169 ff.
  • Schmitz, G. (1998): Impatiens parviflora D.C. (Balsaminaceae) als Neophyt in mitteleuropäischen Wäldern und Forsten. Eine biozönotische Analyse. Zeitschrift für Ökologie und Naturschutz 7:193-206.
  • Trepl, L. (1984): Über Impatiens parviflora DC. als Agriophyt in Mitteleuropa. Dissertationes Botanicae 73:1-400.

5.2 Bearbeitung

Dieser Artensteckbrief wurde 2003 erstellt von:

Dr. Uwe Starfinger & Prof. Dr. Ingo Kowarik, Institut für Ökologie der TU Berlin

letzte Aktualisierung: 02.08.2011 (Stefan Nehring)