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Robinia pseudoacacia

1 Beschreibung der Art

Robinia pseudoacacia L. (Fabaceae), Robinie

1.1 Aussehen

Die Robinie ist ein bis 38 m hoher Baum mit lockerer Krone. Ihr Stamm trägt eine tief gefurchte, graubraune Rinde. Die Triebe tragen paarige Nebenblatt-Dornen. Die Blätter sind unpaarig gefiedert und werden bis 20 cm lang. Ihre Fiederblättchen sind elliptisch, dünn. Die weißen, intensiv duftenden Blüten in hängenden Trauben erscheinen im Mai bis Juni. Die Hülsen sind 5-10 cm lang, in der Reife braun und enthalten 4 – 8 Samen.

Floraweb-Fotos der Art

1.2 Taxonomie

Zwei weitere Arten aus den Appalachen, Robinia viscosa (mit rosafarbenen Blüten) und Robinia hispida (mit rosa- bis pupurfarbenen Blüten), werden gelegentlich gepflanzt. Keine Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Arten.

1.3 Herkunftsgebiet

Die ursprüngliche Heimat der Robinie in Nordamerika sind die Appalachen und einige Gebiete westlich des Mississippi. Sie wächst hier auf frischen bis trockenen sandigen oder felsigen Böden des Hügellands bis zu 1500 m Meereshöhe in den südlichen Appalachen. In natürlichen Wäldern spielt sie in frühen Sukzessionsstadien nur kurzfristig eine Rolle, da sie bald von Schattenbaumarten abgelöst wird. Durch vielfältige Pflanzungen wurde die Robinie in Nordamerika schon von Indianern und verstärkt von europäischen Siedlern weit über ihr ursprüngliches Areal ausgebreitet. Sie ist heute von Süd-Kanada und Neu-England bis nach Kalifornien eingebürgert.

1.4 Biologie

Die Robinie ist eine kurzlebige Baumart mit Pioniereigenschaften: sie kann schon im Alter von 6 Jahren Samen produzieren, die mit dem Wind ausgebreitet werden. Ausbreitungsdistanzen über 100 m werden nur selten überschritten. Samen bleiben im Boden lange lebensfähig, es wird eine persistente Samenbank aufgebaut. Die Anforderungen an die Keimung sind unspezifisch, zur Etablierung der Keimlinge benötigt sie jedoch viel Licht, so dass sie durch generative Vermehrung nicht in geschlossene Bestände eindringen kann. Dies gelingt jedoch mit Wurzelausläufern, mit denen sie vom Rande her auch geschlossene Magerrasen besiedelt. Auf Verletzung des Stammes, z.B. bei Bekämpfung, reagiert sie mit Stockausschlag und verstärktem klonalen Wachstum. Auch ohne Störung verdichten und erweitern sich Robinienbestände durch klonales Wachstum.

In ihrer Heimat wird die Robinie im Laufe der Sukzession bereits nach 20 – 30 Jahren von schattenverträglichen Baumarten abgelöst. In deutschen spontan aufgewachsenen Robinienbeständen ist dagegen auch nach mehreren Jahrzehnten noch keine Verdrängung der Robinie zu erkennen, die weitere Entwicklung ist bisher unklar.

Als Schmetterlingsblütler kann die Robinie mit ihren Wurzelknöllchenbakterien Luftstickstoff binden. Dieser Stickstoff hilft ihr nicht nur, stickstoffarme Standorte zu besiedeln, er wird durch Laub und Wurzeln auch an die Umgebung weitergegeben, so dass die Robinie ursprünglich nährstoffarme Standorte nachhaltig verändert.

2 Vorkommen in Deutschland

2.1 Einführungs- und Ausbreitungsgeschichte / Ausbreitungswege

Die Robinie gelangte im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts nach Europa. Der früheste Nachweis der Robinie für Europa stammt aus England (1634). Häufig angegebene frühere Daten für Paris sind bislang nicht belegt. Die weitere Verbreitung über Mitteleuropa ging schnell, ca. 1670 war sie in Berlin. Anfangs wurde sie vor allem in Gärten gepflanzt. Bereits im frühen 18. Jahrhundert wurde sie jedoch zur forstlichen Holzproduktion besonders auf trockenen sandigen Standorten empfohlen. So nahm ihre Ausbreitung stark zu. Um 1800 war sie vielen Gegenden bereits häufig.

2.2 Aktuelle Verbreitung und Ausbreitungstendenz

Die Robinie wird heute in Deutschland fast überall gepflanzt und fehlt nur in den höheren Gebirgslagen. Sie breitet sich jedoch vor allem in sommerwarmen Gebieten aus. Schwerpunkte ihres Vorkommens sind niederschlagsarme Gebiete im Osten und Sandgebiete des Oberrheins. Wegen der guten Eigenschaften ihres Holzes wird sie weiter auch in Deutschland forstlich angebaut. Der größte Teil der 14.000 ha Robinien-Anbaufläche Deutschlands befindet sich in Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Wegen ihrer Vorkommen auch in natürlichen Gehölzgesellschaften felsiger Standorte und in Auwäldern gilt die Robinie in Deutschland als Agriophyt.

Verbreitungskarte aus FloraWeb

2.3 Lebensraum

Die Robinie besiedelt trocken-warme Forst- und Waldgesellschaften, besonders Waldränder und Verkehrswege und dringt in Trockenrasen ein. Auf städtischen Brachflächen kann sie zur bestimmenden Baumart werden. Sie besiedelt ein breites Spektrum von Standorten und meidet nur staunasse und verdichtete Böden.

2.4 Status und Invasivität der Art in benachbarten Staaten

Die Robinie ist in Europa weit verbreitet. Sie ist in trocken-warmen Gebieten des pannonischen Beckens und im Mittelmeergebiet besonders ausbreitungsstark. In der Schweiz steht sie auf der "Schwarzen Liste" der invasiven Neophyten, auch in Dänemark und in Österreich gilt sie als Naturschutz-Problem. In Ungarn ist sie dank großflächiger Anbauten weit verbreitet und dringt auch in Naturschutzgebiete vor.

3 Auswirkungen

Wegen der relativ geringen Fernausbreitung der Robinie gehen unerwünschte Auswirkungen meist auf Pflanzung in unmittelbarer Nähe der betroffenen Biotope zurück. Besonders betroffen sind subkontinentale bis submediterrane Gebiete, im ozeanisch-kühlen Bereich ist sie wenig ausbreitungsstark. Das Eindringen der Robinie kann schnelle und weitreichende Vegetationsveränderungen auslösen. Dies geschieht einerseits durch das Aufwachsen in zuvor gehölzfreien Biotopen. Durch die symbiontische Stickstoffbindung der Robinie wird andererseits der Standort aufgedüngt, so dass Magerkeitszeiger durch stickstoffliebende Arten ersetzt werden.

3.1 Betroffene Lebensräume

Negative Auswirkungen entstehen vor allem durch das Eindringen der Robinie in Offenlandbiotope wie Sandtrocken- und Kalkmagerrasen, wo sie die Sukzession beschleunigt und die Standorte mit Nährstoffen anreichert. Auch in Wälder und Gebüschen trockenwarmer Standorte können Probleme durch Eutrophierung und Veränderung der Wald- und Saumvegetation entstehen. Die natürlich waldfreien Volltrockenrasen im Kaiserstuhl besiedelt sie nicht.

3.2 Tiere und Pflanzen

In Magerrasen werden lichtliebende und konkurrenzschwache Pflanzen verdrängt, die nicht nur durch die Robinie selbst, sondern auch durch die mit ihr kommende mesophlie Vegetation verdrängt werden. Dabei sind oft seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten betroffen (z.B. NSG Mainzer Sand). Die Veränderung der Artenzusammensetzung geht dabei sehr schnell: Auf einer Berliner Brache wurden Sandtrockenrasen und verschieden alte Robinienstadien untersucht. Bereits unter zweijährigen Robinien war die Zahl der Pflanzenarten halbiert, die Magerrasenarten sind durch Saum- und Waldarten ersetzt. Auch die Zusammensetzung der Spinnen- und Laufkäferarten veränderte sich deutlichen: die Ähnlichkeit mit der Tiergemeinschaft der Trockenrasen sinkt im Laufe der Zeit, es stellen sich zunehmend Saum- und Waldarten ein. Die Artenzahl der Spinnen und Laufkäfer bleibt jedoch höher als in vergleichbaren Birkenbeständen.

In Wälder und Gebüschen trockenwarmer Standorte werde ebenfalls durch Eutrophierung und Beschattung einheimische Arten verdrängt (z.B. Eichen, Diptam), wobei die Prozesse hier langsamer ablaufen als in Halbtrockenrasen.

3.3 Ökosysteme

Von der symbiontischen Stickstofffixierung ist das gesamte Ökosystem betroffen, da der Stickstoff über die Laubstreu an den Boden abgegeben wird. Der Boden wird außerdem durch die Humus- und Mullauflagen verändert und durch das Wurzelwachstum der Robinie gelockert. Die Sukzession ist so auf lange Sicht gegenüber der durch einheimische Bäume eingeleiteten verändert.

3.4 Menschliche Gesundheit

Borke und besonders Samen der Robinie enthalten giftige Lectine. Bei einer Aufnahme von ca. 5 Samen ist mit Vergiftungssymptomen zu rechnen. Da die Samen kaum gegessen werden, sind nennenswerte Auswirkungen nicht bekannt oder zu erwarten.

3.5 Wirtschaftliche Auswirkungen

Mit dem forstlichen Robinienanbau sind Hoffnungen auf positive wirtschaftliche Auswirkungen verbunden. Ihr Holz ist sehr dauerhaft und kann teilweise als Ersatz für Tropenholz verwendet werden. Im Osten Deutschlands gibt es ca. 14.000 ha Robinienanbaufläche, auch in südöstlichen Nachbarländern wird die Art forstlich stark genutzt. Dagegen stehen die Kosten für die aus Naturschutzgründen notwendigen Gegenmaßnahmen.

4 Maßnahmen

Die Auswirkungen auf schutzwürdige Halbtrockenrasen und natürliche Trockenvegetation sind schwerwiegend und rechtfertigen deshalb die Anwendung von Gegenmaßnahmen. Dabei sollte eine Abwägung der Erfolgsaussichten, der Notwendigkeit und der Kosten in jedem einzelnen Fall geschehen. Alte und dichte Robinienbestände zu entfernen, wird nur selten sinnvoll sein, da die Effekte der Stickstoffanreicherung noch lange nach der Rodung wirken. Stattdessen sollten Maßnahmen auf beginnende Robinienbesiedlung auf noch weitgehend intakten schutzwürdigen Halbtrockenrasen oder Robinien in deren Umfeld konzentriert werden. Da Halbtrockenrasen auch durch das Aufwachsen anderer Baumarten bedroht sind, ist grundsätzlich ein Pflege- bzw. Nutzungskonzept notwendig.

4.1 Vorbeugen

Das Ausbringen von gebietsfremden Pflanzen in der freien Natur ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 40 Abs. 4) grundsätzlich genehmigungspflichtig. Gegen den völligen Verzicht auf die Pflanzung von Robinien sprechen allerdings (forst-) wirtschaftliche und kulturhistorische Gründe.

Wegen des begrenzten Fernausbreitungspotentials der Robinie kommt dem Verzicht auf Pflanzung in der näheren Umgebung schutzwürdiger Trockenrasen eine besondere Bedeutung zu. Ein Sicherheitsabstand von ca. 500 m sollte dabei ausreichen.

4.2 Allgemeine Empfehlungen zur Bekämpfung

Falsch geplante Bekämpfung kann das Problem verschlimmern: Stockausschläge, die nach dem Absägen der Bäume entstehen, sind oft dichter als die ursprünglichen Bestände. Deshalb ist sicherzustellen, dass Mittel für eine mehrjährige Nacharbeit vorhanden sind.

4.3 Methoden und Kosten der Bekämpfung

Erfahrungen mit der Bekämpfung der Robinie in Deutschland und deren Kosten sind in der Regel nicht gut dokumentiert. Erfolgreich kann das Abholzen der Stämme mit zweimaligem Nachschneiden während der Vegetationsperiode in den Folgejahren sein, wenn es mindestens vier Jahre durchgehalten wird. Auch die Rodung mit Pferd oder Löffelbagger wurde auf Sandböden erfolgreich angewendet. Dabei treten allerdings erhebliche Bodenverwundungen auf. Das gerodete Pflanzenmaterial muss gleich von der Fläche verbracht werden, da es sonst austreiben kann, auch hier ist im Folgejahr auf Austriebe aus Wurzelfragmenten zu achten.

Einmaliges Abschneiden der Stämme oder ihre Entfernung durch Feuer sind kontraproduktiv. Durch diese Störung wird die Entstehung von Wurzelausläufern und Stockausschlägen gefördert. So bilden sich rasch Bestände, die wesentlich dichter und schwerer zu bekämpfen sind als die Ausgangsbestände. Unbedingt erforderlich ist es also, über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren die neu gebildeten Sprosse zu entfernen, bis die Pflanze abstirbt.

Zur Eingrenzung des Ausbreitungspotenzials der Robinie wird seit einigen Jahren die Methode des Ringelns angewandt. Um den Stockausschlag zu unterdrücken, wird dabei mit der Motorsäge die Rinde etwa in Brusthöhe bis auf einen kleinen Steg von einem Zehntel des Umfangs entfernt. Im Folgejahr wird der Steg/Restbrücke entfernt (= Komplettes Ringeln). Obwohl die Methode noch weiter spezifiziert werden muss, legen erste Ergebnisse nahe, folgendes zu beachten:

- Der Ringelzeitpunkt für partielles Ringeln sollte im Winter liegen.

- Es sollte ein mindestens handbreiter Streifen geringelt werden und dieser sollte möglichst bis ins Hartholz reichen. Die Restbrücke sollte erkennbar vertikal verlaufen und etwa 1/10 des Stammumfangs betragen.

- Die Maßnahme des kompletten Ringelns sollte in der (den) folgenden Vegetationsperiode(n) nochmals wiederholt werden, bevor die Stämme endgültig gefällt werden.

- Wo möglich, sollten alle Bäume im Bestand geringelt werden.

- Beim Arbeiten in den Robinienbeständen und beim Abtransportieren der gefällten Stämme sollte möglichst keine Bodenstörung verursacht werden. Eventuell kann ganz auf das Fällen der Stämme verzichtet werden. Hierbei ist aber zu beachten, dass vereinzelt Bruchgefahr bei den geringelten Stämmen besteht.

Zahlen zu den Kosten sind nicht veröffentlicht. Für die Berliner Naturschutzgebiete wird der Aufwand für die Fällung und Rodung mit "hoch", für das Ringeln mit "mittel" angegeben.

In den USA wurde Glyphosat durch Sprühapplikation in einer 6,25 %igen wässrigen Lösung angewandt. Auch dabei ist noch nach Jahren der Behandlung mit neuen Stockausschlägen zu rechnen.

Erfolgversprechend kann die Kombination von mechanischen (Ringeln, Fällen) und gezielten chemischen Verfahren (z.B. Herbizidapplikation auf Schnittstellen) sein.

 

5 Weiterführendes

5.1 Literatur

  • Böcker, R. & Dirk, M. (2004): Measures to restrict Robinia pseudoacacia. - NEOBIOTA 3: 91-100.
  • Böcker, R. & Dirk, M. (2007): Ringelversuch bei Robinia pseudoacacia L.: Erste Ergebnisse und Ausblick. - Berichte Institut für Landschafts- u. Pflanzenökologie Universität Hohenheim 14/15/16: 127-142.
  • Böcker, R. & Dirk, M. (2008): Development of an effective girdling method to control Robinia pseudoacacia L.: First results and outlook. - NEOBIOTA 7: 63-75.
  • Böhmer, H. J., Heger, T. & Trepl, L. (2001): Fallstudien zu gebietsfremden Arten. - Texte des Umweltbundesamtes 2001 (13), 126 S.
  • Kowarik, I. (1996): Funktionen klonalen Wachstums von Bäumen bei der Brachflächen-Sukzession unter besonderer Beachtung von Robinia pseudoacacia. – Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie 26: 173-181.
  • Kowarik, I. (2003): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. Ulmer, Stuttgart. S. 155 ff.
  • Krausch, H.-D. (2001): Einführung und Ausbreitung der Robinie in Europa. - Beiträge zur Gehölzkunde: 107-115.
  • Wagner, M. (2002): Maßnahmen zur Kontrolle problematischer Neophyten in Berliner Naturschutzgebieten. NEOBIOTA 1: 355-361.

5.2 Bearbeitung

Dieser Artensteckbrief wurde 2003 erstellt von:

Dr. Uwe Starfinger & Prof. Dr. Ingo Kowarik, Institut für Ökologie der TU Berlin 

Überarbeitung: 15.12.2008 (Frank Klingenstein)

letzte Aktualisierung: 21.07.2016 (Stefan Nehring)